Industriekaufmann (m/w/d)
Industriekaufleute …
sind für die kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Aufgaben im Büro zuständig
Einer der spannendsten Tage während der Ausbildung zur Industriekauffrau spielte sich bei Linda Block (oberes Foto li.) nicht im Büro ab. Sie durfte Kollegen zu einer Verhandlung vor Gericht begleiten. „Das hätte ich nicht gedacht, dass eine Industriekauffrau so einen Termin wahrnimmt“, erzählt die 21-Jährige noch immer erstaunt. So ungewöhnlich ist das aber nicht. Denn ausgebildete Industriekaufleute kennen sich aus mit den Geschäftsvorgängen eines Unternehmens, egal in welcher Branche. Anhand von Belegen können sie als Zeugen zum Beispiel nachweisen, warum ein Kunde eine Mahnung bekam.
Linda Block ist froh, dass sie sich für eine Ausbildung zur Industriekauffrau entschieden hat, genau wie Ramona Schindler (oberes Foto re.). Die beiden kommen in ihrem Betrieb, dem ostsächsischen Energieunternehmen ENSO, alle zwei, drei Monate in eine andere Abteilung: vom Personal- zum Rechnungswesen, vom Einkauf zum Marketing. Damit werden sie optimal vorbereitet auf das, was sie im Berufsleben erwartet. Industriekauffrauen und -männer sind als Mitarbeiter für kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Aufgaben im Büro gefragt. Die meisten spezialisieren sich auf ein Gebiet. Aber sie sind so breit ausgebildet, dass sie dort zum Einsatz kommen können, wo sie gebraucht werden. „Man muss sich nicht gleich festlegen, in welchem Bereich man arbeiten will“, fasst Linda Block den Vorteil zusammen. Andererseits erwarten Firmen von ihren Industriekaufmännern und -frauen auch eine gute Portion Flexibilität. „Es ist wichtig, sich auf viele neue Menschen und Situationen einstellen zu können“, berichtet Linda.
Das kann Ramona Schindler nur bestätigen. Die 22-Jährige mochte es anfangs nicht, mit fremden Menschen zu telefonieren. Inzwischen sei sie dabei sehr viel selbstbewusster. Im Telefontraining hat sie entsprechende Kniffe gelernt. Jetzt weiß Ramona: „Wenn ein Kunde mal sauer ist, dann nicht auf einen persönlich.“ Also braucht es Fingerspitzengefühl, um auch anspruchsvolle Situationen zu meistern – genau wie ein hohes Verantwortungsbewusstsein.
In der Personalabteilung müssen etwa Gehaltsabrechnungen erstellt und Bewerbungen bearbeitet werden. Im Rechnungswesen kontrollieren Industriekaufmänner und -frauen die Geldströme zwischen Firma, Kunden und Fremdunternehmen. In der Materialwirtschaft müssen Waren bestellt werden, welche die eigene Firma verbraucht oder weiterverarbeitet. Industriekaufleute bekommen die Weiterentwicklung in der Technik hautnah mit, beispielsweise bei der Software des Unternehmens. Sie müssen spezielle Programme im Finanzbereich, Vertrieb oder in der Materialwirtschaft beherrschen.
Linda und Ramona haben ebenso das klassische Archiv kennengelernt. Hier werden sämtliche Rechnungen in Papierform abgelegt. „Zu wissen, wie ein Archiv aufgebaut ist und funktioniert, ist wichtig“, sagt die Ausbilderin Silke Preibisch und das nicht nur im Fall einer Wirtschaftsprüfung. Insgesamt sind Ordnungsbewusstsein und Genauigkeit grundlegende Eigenschaften für diesen Beruf.
Dass sie sich eine anspruchsvolle Tätigkeit ausgesucht haben, ist den beiden Auszubildenden klar. Linda weiß, wie es sich anfühlt, die Daten von vielen Rechnungen in den PC einzutippen. „Das ist anstrengend“, sagt sie, „da tun einem dann schon mal die Augen weh.“ Aber auch das hat sie geschafft. Ihre Leistungen sind genau wie die von Ramona so gut, dass die beiden Frauen ihre Ausbildung um ein halbes Jahr verkürzen wollen. So werden sie Anfang 2015 ins Berufsleben starten. Und wer weiß, wohin ihr Weg sie führt. Wer als Industriekauffrau oder -mann Lust bekommt, sich beruflich weiterzuentwickeln, der kann sich zum Beispiel dafür durch ein Studium zum Betriebswirt qualifizieren.
Text & Fotos: Rafael Barth