Dolmetscher (m/w/d)
Der Mann im Ohr
Studiengänge Dolmetscher und Übersetzer (m/w/d)
Kennt ihr die Schwierigkeit, mit der rechten Hand eine kreisende Bewegung zu vollziehen und gleichzeitig mit der linken Hand flach auf den Tisch zu klopfen?
So ungefähr fühlt es sich im Kopf an, simultan, das heißt gleichzeitig, von einer Sprache in eine andere zu übersetzen.
Da nützt es auch nicht viel, wenn man wie Alexander Wood, zweisprachig aufgewachsen ist. Alexanders Vater ist Engländer, seine Mutter Deutsche. Dass er ebenso gut Deutsch wie Englisch spricht, bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass jeder kreisende und klopfende Bewegungen ausführen kann. Zwei Sprachen zu beherrschen, macht noch lange keinen Dolmetscher.
Beides gleichzeitig zu denken und zu sprechen, darin liegt die Schwierigkeit. Die Ausbildung zum Dolmetscher besteht deshalb hauptsächlich aus dem Training des simultanen, also gleichzeitigen oder konsekutiven, das heißt, zeitlich leicht versetzten, mündlichen Übersetzens.
Bis zum Vordiplom ist der Studiengang Dolmetscher/Übersetzer identisch. Danach fällt die Entscheidung. Während Übersetzer ausschließlich schriftlich arbeiten, umfasst die Tätigkeit des Dolmetschens alle mündlichen Übertragungen.
„Ein großer Teil derer, die den Studiengang Übersetzen/Dolmetschen belegen, möchte am Anfang Dolmetscher werden“, erzählt Alexander. „Doch nach kurzer Zeit kehrt sich der Prozentsatz um. Die meisten stellen fest, dass sie dem Stress des Dolmetschens nicht gewachsen sind.“
Viele verbinden mit dem Beruf Dolmetscher die traumhafte Vorstellung, an der Seite berühmter Persönlichkeiten durch die Welt zu reisen. Alexander Wood ist dieser Vorstellung ziemlich nahe. Er arbeitet beim Sprachendienst des Deutschen Bundestages, begleitet Konferenzen und diplomatische Begegnungen, reist nach hierhin und dorthin. Afrika hat ihn tief beeindruckt. Neuseeland fand er ganz nett.
Doch sehr viel Zeit verbringt er in seinem relativ nüchternen Büro im Regierungsviertel. Warum?
„Dolmetschen heißt ja nicht einfach, Wörter rüber zu prügeln“, erklärt Alexander. „Man muss inhaltlich in den Themen stehen.“ Hat Alexander einen Auftrag bekommen, bereitet er sich gründlich darauf vor. Dazu gehört nicht nur das Studium der Fachbegriffe in der jeweiligen Sprache, sondern auch die Auseinandersetzung mit dem Thema. Alexander fordert in den jeweiligen Ausschüssen neueste Informationen zum Thema an, liest Zeitungsartikel und Reden, kurz, er arbeitet sich in den Stoff der bevorstehenden Konferenz ein.
Gerade in der Politik lauern Fallstricke bei sensiblen Themen. Die feierliche Eröffnung des Holocaust-Mahnmals war ein Anlass, der sprachliches Fingerspitzengefühl erforderte. „Eine winzige falsche Formulierung kann sehr verletzend sein“, sagt Alexander.
Die meisten Dolmetscher arbeiten freiberuflich. So hat auch Alexander seine Karriere begonnen. Er erinnert sich, wie er zum ersten Mal mit einer gestandenen Dolmetscherin in der Kabine saß. Dolmetscher arbeiten immer zu zweit, da sie sich nach 30 Minuten abwechseln. „Ich war ziemlich aufgeregt. Ich wusste, dass davon, wie ich mich anstelle, weitere Aufträge abhängen. In unserer Branche läuft fast alles über Empfehlungen.“
Sein Job beim Sprachendienst des Bundestages gefällt ihm gut. „Auch wenn ich vielleicht weniger verdiene als ein Freiberufler und dafür mehr arbeiten muss, genieße ich die Sicherheit dieser Festanstellung.“
Ein Dolmetscher sollte bereit sein, sich in viele Themen einzuarbeiten. Darüber hinaus kann es von Vorteil sein, sich auf ein bestimmtes Themengebiet zu spezialisieren.
Text & Fotos: Kathrin Schrader